Dialogisches Portfolio

Die Portfolio-Arbeit, insbesondere das dialogische Portfolio, ist für mich eine einzigartige Möglichkeit, die Kinder in ihrer Entwicklung zu begleiten. Gezielt eingesetzt stärkt das Portfolio das Selbstbewusstsein und das Selbstwirksamkeitserleben der Kinder und lässt sie gemeinsam mit ihrem Portfolio wachsen.

Das Portfolio ist “[…] eine zielgerichtete Sammlung von Dokumenten – sowohl der Kinder als auch der pädagogischen Fachkräfte und Eltern. Es fließen Beobachtungsergebnisse der Erwachsenen und die Werke der Kinder zusammen und machen dadurch die Bildungsprozesse und Entwicklungsverläufe eines Kindes sichtbar. Bildungsgelegenheiten und wie sich das Kind darauf eingelassen hat, werden im Portfolio beschrieben. Kinder, pädagogische Fachkräfte und Eltern haben so die Möglichkeit, eigene Handlungen und Vorgehensweisen kontinuierlich zu reflektieren und zur Grundlage von nächsten Schritten zu machen. Durch die Auseinandersetzung mit dem Portfolio werden Bildungsprozesse analysiert und begleitet, was wiederum eine Anpassung der Bildungsumgebung an die Bedürfnisse der Kinder ermöglicht” (Lepold, Lill 2017, S.9).

Das Portfolio entspricht dem Verständnis einer individuellen Entwicklungsbegleitung, die die Stärken und Ressourcen eines Kindes in den Blick nimmt. Kein Kind gleicht dem anderen. Jedes Kind hat ganz eigene Lernstrategien und beschreitet einen individuellen Entwicklungsweg. Die Entwicklung der Kinder zeigt sich auf vielfältige Art und Weise. Und dieser Vielfalt kann man mit dem Portfolio gerecht werden. Als offene Entwicklungsdokumentation werden Interessen, Stärken und bedeutsame Entwicklungsschritte der Kinder dokumentiert. Fachkräfte sowie Kinder kommen hierbei gleichermaßen zu Wort. So vielfältig, wie die Entwicklung der Kinder ist, so vielfältig können auch die Methoden sein, mit denen diese Entwicklung im Portfolio festgehalten wird.

Vielfältige Ausdrucksweisen der Kinder

Kinder malen, kritzeln, ahmen Schrift nach oder schreiben die ersten Buchstaben. Sie spielen stundenlang vertieft mit den Bausteinen, sie untersuchen im Garten jeden einzelnen Grashalm. Sie reden ununterbrochen und erfinden die spannendsten Geschichten. Sie hüpfen auf einem Bein, steigen Treppenstufen und klettern auf ein Klettergerüst. Sie suchen den Kontakt zu anderen Kindern oder spielen am liebsten für sich allein.

Pädagogische Fachkräfte erleben im Alltag immer wieder, dass die Ausdrucksmöglichkeiten der Kinder unendlich sind. Und so stellt sich die Frage, wie man diesem Facettenreichtum bei der Entwicklungsdokumentation (Verweis Beobachtung & Dokumentation) gerecht werden kann. Ich möchte dies exemplarisch einmal aufzeigen:

Bei all diesen Möglichkeiten gilt es zu bedenken, dass selbstverständlich nicht alles, was das Kind macht, in das Portfolio einfließt. Die dort gesammelten Inhalte sollten stets zielgerichtet ausgewählt werden.

Im Portfolio kommt das Kind zu Wort!

Die Portfolioarbeit bietet eine ideale Grundlage, um den Interessen des Kindes ein besonderes Augenmerk zu schenken.

Alles, was dem Kind wichtig ist, sagt etwas über seine Interessen und damit über seine Ziele aus.

Und genau darum ist es so bedeutsam, dass die Kinder auch eigene Entscheidungen treffen dürfen, was in ihr Portfolio Einzug hält.  Beim Erstellen von Portfolios kann man die Kinder wunderbar teilhaben lassen. Gemeinsam kann man Fotos auswählen und sich einen Text dazu überlegen. Der Prozess selbst dauert dabei möglicherweise länger, als wenn man den Eintrag als Fachkraft allein anlegt. Aber es geht nicht darum, jeden Tag einen neuen Eintrag für jedes Kind zu machen. Es geht darum, dass sich das Kind mit seiner Entwicklung auseinandersetzt. In diesem Sinne verliert man also keine Zeit für das Kind bei der Dokumentation, sondern widmet dem Kind ganz gezielt seine Zeit.

Damit das Portfolio auch seine volle „Wirkungskraft“ entfalten kann, ist das Gespräch zwischen Kind und Fachkraft, die Reflexion des Portfolios, bedeutsam. (Verweis Themenseite Dialog)

Durch den Austausch über die Portfolioeinträge vermitteln Fachkräfte dem Kind, dass das, was sie tun, bedeutsam ist. Ihre eigenen Handlungen und Interessen sind es wert, dass man sie festhält. Es weiß, dass es gesehen wird und seine Handlungen Wertschätzung erfahren. Und dies gibt dem Kind wiederum Mut, neue Dinge auszuprobieren und neue Schritte auf dem Weg seiner individuellen Entwicklung zu gehen.

Zudem unterstützt der Dialog über die Entwicklungsschritte die Reflexion eben dieser. Das Kind setzt sich bewusst mit dem auseinander, was es kann und was es ausmacht. Dies trägt zum Selbstwirksamkeitserleben und dem Wachstum des Selbstbewusstseins bei.

Hierbei können folgende Fragen das Gespräch prägen:

Quelle: Lepold, M.; Lill, T. (2017): Dialogisches Portfolio. Alltagsintegrierte Entwicklungsdokumentation. Freiburg: Verlag Herder

Orientierungshilfe fürs Portfolio

Bei den vielen Freiheiten, die die Portfolio-Arbeit bietet, gibt es doch auch gewisse Rahmenbedingungen, die eine gute Portfolio-Arbeit auszeichnen. Dazu habe ich ein paar Fragen notiert, anhand derer pädagogische Fachkräfte die Qualität der eigenen Portfolio-Arbeit reflektieren können:

  • Darf das Kind selbst über Inhalte entscheiden?
  • Hat das Kind freien Zugang zu seinem Portfolio?
  • Werden die Interessen und Stärken des Kindes individuell abgebildet?
  • Wird situationsgebunden dokumentiert?
  • Wird das Kind in die Erstellung von Einträgen eingebunden?
  • Werden dem Kind neue Einträge vorgestellt und vorgelesen?
  • Wird mit dem Kind über das Portfolio gesprochen?
  • Wird das Portfolio als Anlass zur Reflexion von Entwicklungsschritten herangezogen?
  • Ist das Portfolio ein Dokument von Bildungs- und Entwicklungsschritten oder eher eine Sammelmappe?
Ich denke, dass es wichtig ist, dass man sich bei all diesen Fragen natürlich auch immer auf den konkreten Kontext bezieht. Denn selbstverständlich kann man ein 5-jähriges Kind auf eine vollkommen andere Art und Weise beim Erstellen von Einträgen einbeziehen als ein 1-jähriges Kind. Gewiss gestalten sich auch reflexive Gespräche je nach Alter und Sprachkompetenz des Kindes. Aber egal welche Altersgruppe Sie vor sich haben: Wenn Sie als pädagogische Fachkraft eine offene, wertschätzende Haltung haben, dann können Sie jedes Kind miteinbeziehen. Es geht darum, das Kind bewusst im Blick zu haben, ihm aufrichtiges Interesse entgegenzubringen und ein Angebot zur Interaktion zu machen.

Mehr zum Thema finden Sie auch in meinen Veröffentlichungen

Lepold, M. & Lill, T. (2017): 
Dialogisches Portfolio – Alltagsintegrierte Entwicklungsdokumentation. 
Freiburg: Verlag Herder

Lepold, M.; Lill, T., Tuffentsammer, M. (2021): 
Digitale Dokumentation in der Kita.
in: Botzum, E.; Urlen, M. (2021): Betreuung von Kleinstkindern. Qualität von Anfang an in Krippe, Kindergarten und Kita. 33. Lieferung: Die digitale Kita. Carl Link Verlang.

Möchten Sie dialogische Portfolio-Arbeit in Ihrem Kita-Alltag integrieren?

Dann sprechen Sie mich gerne an!